Seit der Gründung des MVIU können wir auf eine äusserst erfolgreiche Zeit zurückblicken. Wir haben nicht nur unsere Grösse beibehalten, sondern sind sogar gewachsen. Unsere Organisation ist äusserst stabil aufgestellt und wir haben uns kontinuierlich musikalisch verbessert. Auf diese Errungenschaften können wir mit grossem Stolz zurückblicken. Ein Schlüssel zum Erfolg ist zweifelsohne die Nachhaltigkeit unserer Arbeit, wozu auch die Förderung des Nachwuchses zählt. Im Jahr 2023 haben sich gleich zwei junge und hoch motivierte Mitglieder für die Direktionsausbildung interessiert und im Jahr 2024 erfolgreich abgeschlossen. Diese Situation ist für uns sowohl ein enormes Glück als auch ein bedeutendes Privileg. Wir freuen uns auf die kommende Zeit mit diesen beiden talentierten jungen Personen und hoffen, sie bestmöglich auf ihrem Ausbildungsweg unterstützen zu können.
Um euch einen Einblick in die Persönlichkeiten unserer beiden Talente zu geben, haben wir Interviews mit ihnen geführt. Wer ist Ilya Jenni? Und welche Lebensmittel findet man immer in seinem Kühlschrank? Aber lesen Sie selbst... viel Vergnügen!
1. Wie würdest du dich selbst beschreiben?
Ich bin ein neugieriger und kreativer Mensch. Von klein auf war ich stets begeistert davon, Dinge zu entdecken, die Natur zu beobachten und mir Gedanken darüber zu machen. Diese Begeisterung spiegelt sich nicht zuletzt wieder in der Wahl des Pharmaziestudiums an der Uni Bern zu meiner beruflichen Laufbahn. Mindestens ebenso begeistert war und bin ich jedoch von der Kunst und insbesondere von der Musik und Schriftstellerei.
2. Kannst du uns etwas über deinen musikalischen Hintergrund erzählen?
Von klein auf hatte ich eine Begeisterung für die Musik. Meine erste richtige Begegnung mit einem Musikinstrument war, wie wohl bei vielen anderen auch, Blockflöte in der ersten Klasse. Nach einem Besuch am Tag der offenen Türen der Jugendmusik Unterseen begann ich bei Markus Zenger an der MSO Klarinette zu lernen. Seither bin ich der Klarinette treu geblieben und habe meine Ausbildung an der MSO bis zu diesem Jahr fortgesetzt. Zusätzlich erlernte ich das Zusammenspiel in der Bläsercombo und später im B-corps der Jugendmusik Unterseen, ebenfalls unter der Leitung von Markus Zenger. Etwas später schaffte ich die Aufnahmeprüfung in das A-Corps der Jugendmusik, damals unter der Leitung von Jolanda Zürcher. Auch heute noch bin ich in der Jugendmusik Unterseen aktiv, mittlerweile auf der Bassklarinette. Im Sommer 2021 besuchte ich schliesslich meine erste Probe beim MVIU, dem ich, begeistert von der Musik und der freundlichen, angenehmen Atmosphäre, beitrat. Ab Herbst 2022 begann ich zudem meine Dirigierausbildung bei Martin Schranz und später Urs Heri in Bern, wobei ich das Erlernte freundlicherweise sowohl in der JMU als auch im MVIU anwenden durfte.
3. Welche Ausbildung machst du momentan, um Dirigent zu werden?
Ich habe im Mai 2024 erfolgreich den Dirigierkurs Unterstufe des BKMV abgeschlossen. Nun muss ich leider eine Pause einlegen, um mich dem Masterstudium zu widmen. In zwei Jahren habe ich vor, die Ausbildung mit dem Mittelstufe – Kurs wieder aufzunehmen. In der Zwischenzeit werde ich Gelegenheiten zum Dirigieren nutzen, um das Erlernte weiterhin anzuwenden.
4. Was hat dich dazu inspiriert, eine Ausbildung zum Dirigent zu beginnen?
Ursprünglich war es ein Zufall. Während der Corona – Zeit spielten wir in der Jugendmusik via Zoom ein Lotto. Es war jeweils der aktuelle Preis auf der Präsentation abgebildet, Ein Zvieriplättli oder etwas in der Art. Als ich nun einmal Lotto rufen konnte, war ich nicht der einzige. So kam es, dass auch der nächste Preis gezeigt wurde, und dieser bestand im Dirigieren eines Stücks an einem Konzert. Da mein damaliger Konkurrent zu den jüngeren Mitgliedern der Jugendmusik gehörte, erhielt er das Zvieriplättli und ich die Gelegenheit zur Direktion. Ich erinnere mich daran, dass meine Einstellung damals eher ambivalent war. Einige Monate später war der Moment schliesslich gekommen. Im Rahmen der Jubiläumsfeier der Full Steam Jazz band unweit von Thun stand ich zum ersten Mal mit dem Taktstock auf der Bühne und dirigierte einen einfacheren Marsch. Ich war sehr nervös und ein Teil von mir war heilfroh, danach wieder im Orchester zu sitzen. Andererseits kam ich nicht umhin zu konstatieren, dass mir dieser Auftritt viel Freude bereitet hatte. Einige Zeit später kam der Dirigent der Jugendmusik, Sven Mosimann, mit dem Vorschlag auf mich zu, eine Dirigierausbildung zu beginnen und so kam es, dass ich im Herbst 2022 in den BKMV Dirigenten-Vorkurs startete.
5. Wie kannst du die Ausbildung und den MVIU kombinieren? Gibt es Vor- und Nachteile?
Es gibt keinen grösseren Vorteil für einen Nachwuchsdirigenten, als die Möglichkeit, die Ausbildung und alles, was man darin erlernt, praktisch wöchentlich vor einem Orchester erproben zu können. Zu Hause vor dem Spiegel kann man das Schlagbild verbessern und sich viele Kniffe ausdenken und zurechtlegen. Aber sehen, ob es funktioniert, kann man erst, wenn man vor einem Orchester steht. Der MVIU war in dieser Hinsicht von unschätzbarem Vorteil. Es ist auch sehr lehrreich, Bruno und den Gastdirigenten bei der Probeleitung zuzusehen, da kann man als Nachwuchsdirigent sowohl in der Probemethodik als auch in der Technik viel dazulernen.
6. Hast du ein spezielles Ritual, bevor du auf die Bühne gehst, um zu dirigieren?
Tief durchatmen, alles loslassen. Vorne auf der Bühne spielt nur die Musik eine Rolle.
7. Was war bis jetzt der schönste Moment im MVIU als Nachwuchsdirigent?
Am ersten August 2024 durfte ich im Rahmen unseres Platzkonzerts vor dem Victoria das Medley «ABBA Gold» dirigieren. Bei «Mama Mia» begann das Publikum hinter mir mitzusingen. Plötzlich hatte ich zusätzlich zum Orchester vor mir noch einen riesigen Chor hinter mir. Die Begeisterung des Publikums so hautnah zu spüren war etwas ganz Besonderes für mich, ich werde diesen Moment nie vergessen.
8. Gibt es eine bestimmte musikalische Vision, die du gerne mit uns umsetzen möchtest?
Während ich diese Zeilen schreibe, höre ich gerade die «Overture to a new Age» von Jan de Haan… es ist eines von vielen Stücken, an denen wir uns eines Tages gemeinsam versuchen könnten.
9. Welches ist das verrückteste Abenteuer, das du bisher erlebt hast?
Da gab es viele, und je mehr ich darüber nachdenke, desto weniger kann ich mich entscheiden, welches das verrückteste war. Aber ein wirklich sehr schöner Moment kommt mir in den Sinn, wenn ich an meine Ferien vor ein paar Jahren in Zypern denke. Mein Bruder und ich besuchten dort einen Taucherkurs, und wir waren gerade an unserer Abschlussprüfung im Meer, als plötzlich wie aus dem Nichts eine riesige Meeresschildkröte auftauchte. Sie schwamm eine Zeit lang vor uns her, ehe sie wieder im tiefen Blau des Meeres verschwand, und wir alle schwebten nur schweigend im Wasser und sahen ihr wie gebannt zu. Ein unvergesslicher Moment.
10. Welche ist deine Lieblingsjahreszeit und warum?
Hier kann ich mich bei bestem Willen nicht festlegen. Ich mag den Frühling wegen der erwachenden Natur, dem Gesang der Vögel. Ich mag den Sommer mit seiner Wärme und schönen Abenden mit Freunden umrahmt vor leisen Wellenschlag des Thunersees. Ich mag den Herbst mit seinen lebhaften Farben und dem Rascheln der Blätter, und ich mag den Winter mit dem klaren Sternenhimmel und der andächtigen Stille. Ich glaube, man kann das durchaus mit einem Konzert vergleichen. Für mich sind die Jahreszeiten wie vier meisterhafte Kompositionen völlig unterschiedlicher Stilrichtungen, und jedes Jahr ist wie ein Konzert. Und so erfreue ich mich an der Jahreszeit, in der ich lebe und freue mich auf die nächste, wie bei Stücken an einem Konzert.
11. Wenn du nur noch ein Lebensmittel für den Rest deines Lebens essen könntest, welches wäre das?
Pizza oder Sushi: Beide gibt es in so vielen unterschiedlichen und leckeren Ausführungen, dass mir trotzdem wohl nie langweilig würde.
12. Was ist das spannendste Gebäude, in dem du jemals warst?
Entweder die Masoalahalle in Zürich oder das Oceanario von Lissabon. Mich faszinieren diese Nachbildungen von natürlichen Ökosystemen mit ihrer Pflanzen- und Tierwelt innerhalb eines geschlossenen Raums.
13. Wo warst du am weitesten weg von zu Hause?
Das wird wohl 2017 in Bashkortostan in Zentralrussland gewesen sein. Ein sehr schöner, wenn auch wenig Bekannter Winkel der Welt. Ich hoffe, irgendwann wird man wieder guten Mutes dorthin reisen können.
14. Was muss bei dir immer im Kühlschrank sein?
Insbesondere jetzt im Sommer Glace. Ansonsten darf gerade an heissen Wochenenden auch ein Kühles Bier nicht fehlen.
15. Was gibst du dir und uns gemeinsam mit auf den Weg?
Unser Verein bringt sehr viele unterschiedliche Menschen mit ihren eigenen Fähigkeiten, Vorstellungen und Interessen zusammen. Das ist es, was dem MVIU seinen einzigartigen Charakter verleiht. Daher sollten wir bei allem was wir tun, sorgfältig und gemässigt vorgehen. Dies schliesst keineswegs aus, dass wir uns ambitionierte Ziele setzen. Im Gegenteil: ich bin überzeugt, dass wir gemeinsam musikalisch noch sehr viel erreichen können. Doch tausend kleine Schritte können uns viel weiterbringen als ein grosser Sprung, und das Risiko, dabei umzufallen, ist erst noch kleiner. Ich freue mich darauf, mit euch gemeinsam einige dieser Schritte zu gehen.