Bereits vor Jahresfrist führten die seit bald drei Jahren zusammenarbeitenden Musikvereine aus Interlaken und Unterseen einen Workshop durch, der von zwei renommierten Dirigenten aus Holland geleitet wurde. Über das vergangene Wochenende fand nun bereits die 2. Auflage statt.
Auf dem Papier sind es zwei unabhängige Blasmusikvereine, die Musikgesellschaft Interlaken und die Stadtmusik Unterseen. Doch schon seit bald drei Jahren proben die MGI und die Stedtlimusik zusammen und treten grundsätzlich nur noch gemeinsam auf. Von Anfang an ging es nie darum, dass man Hüben und Drüben nicht mehr spielfähig gewesen wäre. Nein, vielmehr setzte sich in den zwei Nachbarvereinen mit derselben Ausrichtung die Idee durch, ihre Ziele fortan gemeinsam zu verfolgen. In dieser Zeit hat sich nun eine überaus fruchtbare Zusammenarbeit ergeben, deren Ziel es ist, Synergien zu nutzen, ausgetretene Pfade zu verlassen und neue Wege zu gehen.
Die spontane Zusage
Beim Verfolgen solcher Ziele braucht es neben minuziöser Planung auch die spontane Intuition, die sich rein zufällig ergebende Idee. Es war im Sommer 2009 anlässlich des Jungfrau-Music-Festivals. Im Garten des Restaurants Des Alpes liessen OK-Mitglieder und Helferinnen und Helfer des Festivals einen gelungenen Konzertabend gemütlich ausklingen. Anwesend waren auch Leute der „Spielgemeinschaft“ MGI/SMU, darunter auch die beiden Dirigenten Bruno Aemmer und der Schreibende. Und eben, vom künstlerischen Komitee des Festivals war auch eine Persönlichkeit des internationalen Blasmusikwesens dabei: Bert Aalders aus den Niederlanden, damals Vorsitzender des Weltmusikverbandes WASBE und in seinem Heimatland ein überaus prominenter und renommierter Dirigent und Blasmusikfachmann. Ein Wort gab das andere, man sprach über die damals noch junge Zusammenarbeit der beiden Lokalvereine und spontan sagte Bert Aalders zu, im darauf folgenden Winter ein Trainingswochenende als Gastdirigent zu leiten.
Ein Workshop mit holländischen Profis
Ende Februar 2010 war es dann soweit. Doch Aalders reiste nicht alleine an. Er brachte gleich noch einen Kollegen mit, den er uns als Romano Mediati, ein aufstrebender junger holländischer Dirigent mit italienischen Wurzeln, vorstellte. Abwechslungsweise begaben sich die beiden ans Dirigentenpult und sie verstanden es im Handumdrehen, die Musikantinnen und Musikanten mit ihrer inspirierenden Probearbeit in ihren Bann zu ziehen und über sich hinauswachsen zu lassen. Auf jeden Fall hinterliess dieser Workshop einen bleibenden Eindruck und bald einmal wurde der Wunsch laut, einen solchen in diesem Jahr zu wiederholen. Und tatsächlich, die beiden sagten nochmals zu!
Die zweite Auflage
Dieser Workshop hat nun über das vergangene Wochenende stattgefunden. Bereits am Freitag angereist, durften Bert und Romano bereits zur ordentlichen Probe am Abend willkommen geheissen werden. Aufmerksam verfolgten sie das Geschehen und bald war die Bestandesaufnahme gemacht und einer nach dem andern übernahm die Probearbeit. Es war wie schon ein Jahr zuvor: der Funke sprang schnell auf alle Beteiligten über. Ob nun der rhetorisch ungemein beschlagene, mit der Erfahrung von 30 Jahren Dirigententätigkeit mit unzähligen Blasorchestern ausgerüstete Bert oder Romano mit seinem unverkennbaren italienischen Temperament ans Pult trat, sofort wurde klar, dass neue Besen eben ausgezeichnet kehren.
Nachhaltige Probearbeit
Ab Samstag 9 Uhr gab es anderthalbstündige Probesequenzen. Während den Proben verstanden es beide vortrefflich, den Ausführenden das Wesen der zu übenden Musik näher zu bringen, Ausführungsmängel sofort zu benennen oder einzelne Stellen so zu proben, dass unmittelbare Fortschritte nicht zu überhören waren. Beeindruckend war, wie sie mit präziser Sprache einmal anschauliche Vergleiche heranzogen, einmal einen kleinen Witz oder Spruch einstreuten oder ein anderes Mal mit energischer Gestik ihre Absicht klar und deutlich Kund taten. Obschon sehr intensiv geprobt wurde, herrschte die ganze Zeit über eine gelöste, entspannte Atmosphäre, es wurde viel gelacht und die Zeit verflog im Nu.
Der Wunsch nach mehr
In den Pausen dazwischen konnte ausgiebig gefachsimpelt und das eben erlebte bei Kaffee und Kuchen besprochen werden. Der Samstagabend wurde bewusst frei gehalten, da unser Nachbarverein, die Musikgesellschaft Matten, zum Konzert eingeladen hatte und dieses etliche Mitglieder von uns besuchen wollten. Am Sonntagmittag waren sich alle einig: das ganze Wochenende war ein tolles Gemeinschaftserlebnis gewesen, wo jedes Einzelne, ob Holzbläserin, Blechbläser, Mitglied der Schlagwerksektion oder Dirigent, sehr viel hat profitieren können. Mit einem lang anhaltenden Applaus wurden die beiden sympathischen Holländer am Schluss verabschiedet. Es bleibt zu hoffen, dass diese wertvolle Zusammenarbeit mit unseren holländischen Freunden noch möglichst oft wiederholt werden kann, ja, dass sie vielleicht sogar zu einer Art Tradition werden könnte.
Markus Graf, Co-Dirigent Musikgesellschaft Interlaken/Stadtmusik Unterseen