Geist des Alphorns und Kraft der italienischen Oper
Mit einem abwechslungsreichen Programm, gespielt auf hohem Niveau, beeindruckten die Musikgesellschaft Interlaken und die Stadtmusik Unterseen in der Kirche Unterseen die Freunde gepflegter Blasmusik. Einer der Höhepunkte war der brillante Soloauftritt des Brienzer Alphornisten Adolf Zobrist.
«Tradition ist nicht das Halten der Asche, sondern das Weitergeben der Flamme.» Dieses Zitat von Thomas Morus aus dem 15. Jahrhundert passt nicht nur perfekt auf den einfallsreichen Alphornbläser Adolf Zobrist, sondern auch auf die beiden Musikgesellschaften Interlaken und Stadtmusik Unterseen, die den musikalischen Weg seit einigen Jahren gemeinsam gehen und nur gewannen. Die Flamme der Musizierfreude, des Engagements brannte am Winterkonzert in der Kirche Unterseen hell und farbig. Das Programm war vielfältig, die musikalische Ausführung beeindruckend, was nicht zuletzt den beiden Dirigenten Bruno Aemmer und Markus Graf, assistiert durch den jungen Dario Hodler, zu verdanken ist. Bemerkenswert ist auch die gekonnte Moderation durch Gideon Megert, der witzig, kompetent und wohltuend kurz durchs Programm führte.
Der Geist des Alphorns
Längst vorbei sind die Zeiten, als das Schweizer Traditionsinstrument vorwiegend auf den Alpen mit einfachen Melodien ertönte und den Feierabend verschönte. Spätestens seit dem Pepe-Lienhard-Hit «Swiss Lady» – das Solo spielte der Iraner Mostafa – und den brillanten Auftritten von Jozsef Molnar gehört das Alphorn definitiv zu den anspruchsvollen Soloinstrumenten. Immer mehr talentierte Musiker und Musikerinnen wie Eliane Burki, Lisa Stoll und auch der Brienzer Adolf Zobrist pflegen die Virtuosität und gewinnen durch ihr brillantes Spiel immer mehr Anhänger. In der Kirche Unterseen beeindruckte Adolf Zobrist mit dem melodischen Werk von Hans-Jörg Sommer «Spirit of Alphorn». Subtil begleitet wurde er von den rund 70 Blasmusikanten und -musikantinnen. Rein und ohne Effekthascherei spielte Zobrist seinen Part, ein Könner durch und durch.
Die Kraft der italienischen Oper
Die beiden Musikgesellschaften wagen sich auch mit durchschlagendem Erfolg an anspruchsvolle Opernmelodien. Mit der Ouvertüre zur Oper «Tancredi» von Gioacchino Rossini trafen sie den Geschmack der Blasmusikfreunde voll und ganz. Der italienische Komponist Rossini (1792–1868) ist einer der bekanntesten Tonschöpfer des Bel Canto, seine Opern wie «Der Barbier von Sevilla», «La Cenerentola» oder «Wilhelm Tell» werden immer noch mit grossem Erfolg auf allen grossen Bühnen der Welt aufgeführt, die Melodien bestechen durch Rhythmus, Kraft und Lebensfreude. So auch die Tancredi-Ouvertüre, die Rossini im Alter von nur 21 Jahren schuf und die ihm den musikalischen Durchbruch verschaffte. Sie lässt die Unvergleichlichkeit, die Italianità der Musik Rossinis in schönstem Licht erstrahlen, besonders wenn sie so musikalisch und rhythmusgerecht gespielt wird wie in der Kirche Unterseen.
Vom Bündnerland zur Antarktis
Wunderschön melodisch gespielt war auch die «Legenda Rumantscha», eine Hommage an die Musik und Lieder unserer Mitbürger im Romanischbünden. Eine Hymne an die Majestät der Berge und ein Loblied auf den Regen unter Miteinbezug der Zuhörer gelangen ebenso perfekt wie der musikalische Abstecher in die kalte Antarktis. Weihnachtliches hatten sich die beiden musizierenden Vereine für die Zugaben ausgedacht. «Rudolf das kleine Rentier» wurde im verdunkelten Konzertraum nicht nur musikalisch dargestellt, im Hintergrund machten gleich vier der nordischen Tiere mit funkelnden Augen, Geweih und roten Nasen, dargestellt vom Perkussionsregister, ihre Aufwartung. Mit dem schönsten aller Weihnachtslieder, «Stille Nacht, heilige Nacht», klang das eindrückliche Konzert aus, das so herrlich auf die beginnende Adventszeit einstimmte.